Der Film »Mustafa`s Sweet Dreams« ist eine fröhlich-kreative Dokufiktion über den 16-jährigen Mustafa und seinen Traum, der bekannteste Baklava-Meister der Türkei zu werden.
Die ostanatolische Stadt Gaziantep ist vor allem für Eines bekannt: die mit leckeren Pistazien gefüllte Süßigkeit, genannt Baklava, die jeder Türke kennt. In Gaziantep arbeitet auch Mustafa, zusammen mit vielen anderen Jungen ist er Lehrling in der Großbäckerei seines Onkels, wo er die Traditionen rund um die kunstvolle Herstellung der Süßware lernt.
Der Ausbildungsweg in der türkischen Provinz ist jedoch hart und verlangt äußersten Gehorsam: Wer einem Bäckermeister gegenüber respektlos ist, kann schon mal eine Tracht Prügel kassieren. Und insgeheim sind es die jungen Bäcker – einige von ihnen gerade mal zehn Jahre alt – leid, auf der Arbeit und zu Hause ständig herum kommandiert zu werden.
Anfangs sind sich Mustafa und seine Lehrlingskollegen einig: lieber unfrei, als einsam in dieser Welt. Doch der Traum von einem besseren und freiem Leben reift immer mehr in Mustafa heran und lässt ihn die Heimat verlassen. Er sehnt sich nach Istanbul, der großen Stadt, wo er hofft, eines Tages der beste Baklava-Meister seines Landes zu werden. Auf dem Weg in die Metropole bricht er nicht nur mit dem überkommenen Männerbild und den Wünschen seines Onkels, sondern auch mit der traditionellen Familienhierarchie.
Das Auge isst mit, bei solch detailgenauer, filmischer Back-Kunst
In Mustafas Geschichte webt Regisseur Angelos Abazoglou immer wieder dokumentarisches Bildmaterial, das ein authentisches Bild Ostanatoliens und seiner Menschen zeichnet: einprägsame Bilder vom Leben in den Dörfern, den Frauen auf dem Markt und farbenfrohen Gewürzen. Die poetischen und sinnlichen Bilder des Films behält Abazoglu jedoch für die schwierige und traditionelle Herstellung des Baklavas: Sei es die hauchdünne Beschichtung der Süßigkeit, das staubende Mehl auf den Gesichtern und Haaren der Lehrlinge oder das genaue Platzieren der leckeren Backwaren im Ofen. Das Auge isst mit, bei solch detailgenauer, filmischer Back-Kunst.
Darüber hinaus liefert der Film aber auch ein aufschlussreiches Porträt und eine einfühlsam vorgetragene Studie über den Gegensatz von Provinz und Großstadt, jugendliche Träume und die Suche nach Freiheit, die eine universelle Anziehungskraft für das Publikum aller Altersstufen besitzt. Die erfrischend unsentimental erzählte Geschichte vermittelt zudem einen einfühlsamen Eindruck über das Heranwachsen in der heutigen Türkei.
Seinen Traum kann Mustafa am Ende zwar nicht verwirklichen, aber Istanbul alleine »erobert« und das Leben dort gemeistert zu haben, erfüllt ihn schon mit einem Hauch von Freiheitsgefühl und Erfüllung. Es ist auf jeden Fall sehr lohnend, Mustafa auf seiner Reise zu begleiten – und ganz nebenbei etwas über die Herstellung der türkischen Köstlichkeiten zu lernen.
Der beste türkische Baklava-Bäcker ist Mustafa zwar nicht geworden, aber auf der Berlinale, wo der Film dieses Jahr in der Sektion »Generation« lief, erzählte der heute 17-Jährige von seinem neuen Traum: Schauspieler werden. Mit »Mustafas Traum« und seinem Berlinale-Besuch hat er sich den zumindest schon mal ein Stückchen erfüllt.
Mustafa`s Sweet Dreams
Regie: Angelos Abazoglou
Griechenland/Großbritannien, 2012
Taskovski Films, 83 Minuten Laufzeit