Staatsmann, Experte, Volkstribun: Jürgen Todenhöfer. In unserer apokryphen Reihe »Audienz bei Tee« lädt der große Mahner Persönlichkeiten der Zeitgeschichte zum Gespräch. Den Anfang macht der umstrittene syrische Politiker Baschar al-Assad.
*Sämtliche Zitate Jürgen Todenhöfers stammen aus seinen Statusmeldungen bei Facebook, Büchern oder Zeitungsartikeln und wurden extra für dieses Gespräch aus dem Kontext gerissen.
Baschar al-Assad: Lieber Jürgen, vielen Dank, dass Sie Zeit gefunden haben.
Jürgen Todenhöfer: So wie Willy Brandt, J. F. Kennedy, Richard Nixon, Ronald Reagan mit verfeindeten Diktatoren verhandelt haben (lacht). Wie geht’s denn, alter Freund?*
Ach danke. Wissen Sie, damals haben wir ja aus Saddams Beständen diese Chemiewaffen gekauft und gebunkert. Was tippen Sie: Haben wir nun oder haben wir nicht?
Die angeblichen Erkenntnisse der USA sind merkwürdig. Immerhin sind in den letzten Jahrzehnten alle amerikanischen Militärinterventionen mit Lügen begründet worden. Die Lüge ist eine beliebte Kriegswaffe. Das habe ich auch schon in der Frankenpost gesagt.
Frankenpost? Franken, so nennt man bei uns die Kreuzfahrer, die diese Burgen gebaut haben. Auch jetzt greift der Westen mein Land wieder an. Ich glaube allerdings, Sie wollen uns helfen. Gibt es irgendetwas, das mein Volk und ich tun können, um Sie zu unterstützen?
Ich kann diesen Einsatz für friedliche Lösungen nur durchhalten, wenn ihr mir helft. Dadurch, dass ihr mein Buch »Du sollst nicht töten« euren Freunden und Feinden weiterempfehlt.
Unseren Feinden? Den Demokra... äh Islamisten???
Wenn dieses Buch in allen Haushalten steht, kann niemand mehr so leichtfertig über Kriege schwadronieren.
Was schlagen Sie denn konkret vor, um die Krise in meinem Land zu lösen?
Wir müssen das Buch »Du sollst nicht töten« zu einer Volksbewegung gegen den Krieg machen. Ich sage nur: »Bombing for peace is like fucking for virginity!«
Bislang dachte ich, »bombing for peace« funktioniert ganz gut ... Der Zweck heiligt doch die Mittel, oder nicht?
Der liebe Gott sieht alles, sagte mein Vater zu mir, als ich klein war. Ich weiß, das provoziert. Aber ich will die Sofastrategen auch provozieren, die immer nur andere zum Sterben schicken.
Sie meinen hoffentlich nicht mich ... Aber haben Sie denn eine Strategie?
Es gibt eine Strategie! Wenn jeder von euch zehn seiner besten Freunde in einer Kurz-Email bittet, das Buch zu kaufen, werdet ihr staunen, wie viel positive Rückmeldung ihr bekommt.
Ah, ein Kettenbrief! Sehr gut. Wenn ich könnte, würde ich ja glatt auch ein paar Exemplare an die Amerikaner schicken. Weiß man in Washington schon von dem Plan?
Dort habe ich ein führendes Mitglied der US-Administration über alle Details informiert und dann »versehentlich« das mitgeführte Papier, das die wichtigsten Punkte enthielt, liegen lassen. Ich gehe davon aus, dass das Weiße Haus unmittelbar danach informiert wurde.
Obama war bestimmt nicht begeistert. Trifft Sie das?
Da kriegt man eine dicke Haut. Ich schreibe immer das, was ich denke und das, was ich gesehen habe. Ich versuche, nicht auf die Propaganda des Westens reinzufallen.
Ich auch nicht – vielen Dank für das Gespräch!