Kann die Meretz-Partei bei den israelischen Parlamentswahlen mit dem Wahlkampfthema Friedensprozess an die Erfolge der 1990er Jahre anknüpfen? Kandidat und Friedensaktivist Mossi Raz erklärt die Ziele der israelischen Sozialdemokraten.
zenith: Welches Fazit ziehen Sie aus der Rede von Premier Benjamin Netanjahu vor dem US-Kongress?
Mossi Raz: Ich glaube, dass er nach Washington gereist ist, um die Israelis zu erreichen und nicht die Amerikaner. Wenn er nach Israel zurückkommt, wird er sich Problemen wie der Wohnkrise, der Besetzung und Menschenrechtsverletzungen stellen müssen.
Welchen Ansatz verfolgt Ihre Partei denn, um die hohen Lebenskosten zu senken und die Wohnkrise in Israel zu lösen?
Ein Anstieg sowohl in- als auch ausländischer Investitionen hat die Immobilienpreise in die Höhe schießen lassen. Wenn derart viele Leute wie aktuell in den Markt drängen, steigen die Preise zwangsläufig. Deswegen wollen wir Personen, die mehr als zwei Apartments besitzen, künftig besteuern. Die hohen Lebenshaltungskosten sind hingegen auf den starken Schekel zurückzuführen. Um sie zu senken, müsste er im Vergleich zu anderen Währungen abgewertet werden.
Wie steht es mit den außenpolitischen Herausforderungen? Wie sollte Israel Ihrer Meinung nach auf die potentielle Bedrohung durch den »Islamischen Staat« (IS) reagieren?
Der Arabische Frühling stellt eine Herausforderung für uns dar. Er bietet die Möglichkeit, endlich mit unseren Nachbarn zu kooperieren, auch was den Schutz vor IS betrifft. Vor allem Ägypten und Jordanien ließen sich gut einbinden. Mit Syrien würden wir gerne ein Friedensabkommen schließen und die besetzten Golanhöhen zurückgeben. Solange Assad an der Macht ist, werden wir jedoch nicht mit Syrien verhandeln, denn er ist ein Mörder. Sobald es eine legitime Regierung gibt, könnten wir aber Gespräche aufnehmen.
Mossi Raz, 49,
leitete von 1994 bis 2000 »Peace Now«. Zurzeit arbeitet er als Vizedirektor bei »All for Peace«, einem multilingualen israelisch-palästinensischen Radiosender, der den Friedensprozess fördern will. Der studierte Ökonom war bereits zwischen 2000 und 2003 Abgeordneter für die sozialdemokratische Meretz-Partei in der Knesset und steht bei der Wahl am 17. März auf dem sechsten Listenplatz.
Und Ihre Position im Nahost-Friedensprozess?
Der einzige Weg zum Frieden ist eine Zweistaatenlösung und Friedensvereinbarungen mit unseren Nachbarn und Feinden. Natürlich lehnen wir die Politik Netanjahus ab und sind die einzige Partei, die sich eindeutig von einer Kooperation mit ihm distanziert. Sollte er weiter Regierungschef bleiben, gehen wir in die Opposition.
Der Friedensprozess spielt in Ihrem Wahlprogramm also eine zentrale Rolle für die Parlamentswahlen Mitte März?
Wir möchten die Besetzung der palästinensischen Gebiete beenden und ein Abkommen zwischen Israel und Palästina auf Basis der Grenzen von 1967 schließen. Dies soll unter strenger Berücksichtigung der Menschenrechte in beiden Teilen des Landes geschehen. Außerdem sollen zukünftig 2,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts in öffentlichen Wohnungsbau und Nahverkehr investiert werden. Auch für Bildung wollen wir mehr Geld ausgeben. Besonderer Fokus liegt bei uns auch im Bereich Umweltschutz.
Wer wären denn potenzielle Partner, sollte Meretz in eine Regierungskoalition eintreten?
Mögliche Partner wären vor allem die arabischen Parteien, die wir gerne in eine Regierung miteinbeziehen würden. Eine Koalition könnte zum Beispiel aus der Zionistischen Union, also dem Wahlbündnis der Arbeiterpartei und HaTnuah unter Leitung von Jitzchak Herzog, Meretz, zentristischen Parteien wie Kulanu und der arabischen Liste bestehen. Wir wollen dabei selbstverständlich so viele Sitze wie möglich bekommen.