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Caritas-Projekt Neue Freunde in Mannheim

Helfer beim Hürdenlauf

Feature

»Neue Freunde in Mannheim« zeigt, wie ein Caritas-Projekt Migranten unbürokratisch hilft und ihnen einen professionellen Freund an die Seite stellt. Die Einzelschicksale bewegen, dennoch bleibt die Dokumentation zu oft an der Oberfläche.

Im roten Minikleid springt die afrikanische Prinzessin in der Anfangsszene von »Neue Freunde in Mannheim«, von der Kirchenbank, um wild zu »Oh Happy Day« zu tanzen. Die Mannheimer Gemeinde beobachtet Valerie Nwigwe anfangs reserviert, steht dann aber doch einer nach dem anderen auf und klatscht im Takt zur Musik. Die lebensfrohe Frau kam vor vier Jahren aus Nigeria nach Deutschland. Um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern und sich endlich Daheim zu fühlen, nahm sie am Projekt »Integrationsbegleiter« des Caritasverbands Mannheim teil.

 

Der Dokumentarfilm von Mouhcine El Ghomri folgt zwei ehrenamtlichen Helferinnen und ihre Schützlingen von Projektbeginn an. Die »Alltags-Coaches« Sandra Oballe und Amrei Maddox begleiten die Frauen bei Behördengängen, pauken mit ihnen Grammatik oder packen beim Umzug mit an. Es gelingt El Ghomri, beide Seiten des Projekts zu zeigen. Einerseits ist es bedrückend mit anzusehen, wie schwer es selbst hochqualifizierte Neuankömmlinge in Deutschland haben.

 

Trotz Anerkennungsgesetz, das 2012 erlassen wurde und die Anrechnung von Berufsqualifikationen verbessert hat, werden weiterhin viele Zuwanderer vorwiegend geringfügig beschäftigt. So auch die Physikerin Mariam Putrus, sie floh 2010 mit ihrer Familie aus dem Irak. Arbeitslos steht die Christin in Deutschland vor dem Nichts und träumt von einer Ausbildung zur Altenpflegerin. Zu Beginn des Films wohnt Familie Putrus in einem gefängnisähnlichen Asylbewerberheim. Dem Zuschauer läuft ein Schauer über den Rücken, wenn Integrationsbegleiterin Amrei Maddox zu Besuch kommt und die Sicherheitsschleuse durchquert. Überglücklich zieht die Familie einige Wochen später in eine eigene Wohnung – ohne Gitterstäbe.

 

»Ich kann nicht putzen, ich bin Prinzessin«

 

Andererseits porträtiert El Ghomri den Alltag seiner Hauptdarstellerinnen durchaus amüsant. Etwa wenn Valerie ihrer Integrationsbegleiterin erklärt, warum sie nicht als Putzfrau arbeiten kann. »In Nigeria bin ich eine Prinzessin«. Stattdessen will sie eine Ausbildung zur Krankenschwester absolvieren, obwohl ihr das ständige Desinfizieren ihrer Hände ein bisschen zu viel des Guten ist. El Ghomri präsentiert seine Darsteller und ihre Geschichte liebevoll, leider ist die Dokumentation teilweise aber etwas langatmig geraten.

 

Das Caritas-Projekt verdient mediale Aufmerksamkeit und der Blick auf die verschiedenen Einzelschicksale verleiht dem Film eine wichtige menschliche Dimension. Viel Neues aber bringt der Filmemacher in die Diskussion über Fachkräftemangel und Integrationshürden nicht ein. Xavier Naidoo mag Mannheimer sein, trotzdem verführt das ständige Einspielen seiner Musik den Zuschauer nach der Fernbedienung zu greifen und umzuschalten.


 

Neue Freunde in Mannheim

Integrationshilfe – ganz unbürokratisch

Regie: Mouhcine El Ghomri

Deutschland, 2013

Ausstrahlung: 8. April 2013, 23.30 Uhr im SWR

 

Von: 
Mai-Britt Wulf

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