Der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney hat nun seine Vision der künftigen US-Außenpolitik vorgestellt. Es waren Worte, die populistischer und dümmer nicht hätten seien können, kommentiert Dominik Peters.
Passender hätte der Ort nicht ausgewählt sein können. Mitt Romney hat seine Grundsatzrede zur US-Außenpolitik im kleinen Örtchen Lexington im Bundesstaat Virginia gehalten, 1777 gegründet, heute Heimat für knapp 7.000 Seelen und einst Drehort des Hollywood-Blockbusters »Krieg der Welten«.
Ginge es nach Mitt Romney, so dürfte er höchstpersönlich, sollte er durch die wütenden weißen Wähler der Mittel- und Oberschicht ins Amt gewählt werden, selbigen entfachen. »Hoffnung ist keine Strategie« rief Romney seinen Zuhörern zu und zielte damit auf Barack Obama, den er als Schwächling und Fantasten darzustellen versuchte. »Dummheit ist auch keine Strategie« möchte man Romney zurufen.
Eine erfolgreiche Außen- und Sicherheitspolitik wird nicht nach moralischen Maßstäben betrieben. Geschenkt. Einzig: Durch das Ignorieren von Fakten und der Realitäten vor Ort auch nicht – auch wenn man, wie Romney es getan hat, sein Außenpolitikprogramm mit den salbungsvollen Worten »An American Century« betitelt.
225.000 Tote, 146.000 Verletzte – und fast acht Millionen Flüchtlinge
Die von den Vereinigten Staaten von Amerika begonnenen Kriege in Afghanistan, Irak und Pakistan – wo unter Barack Obama mit Drohnen fernab des Kriegs- und Völkerrechts gezielt getötet wird, was man euphemistisch als »smart power« bezeichnet – haben nach Angaben des »Watson Institute« der Brown University bis vergangenes Jahr bereits 225.000 Menschen getötet, 146.000 verwundet und fast acht Millionen Menschen zu Flüchtlingen gemacht. Einzig: Nirgendwo wurden die Kriegsziele erreicht, stattdessen hat die selbsternannte Weltpolizei Bürgerkriege und Gräber hinterlassen.
Nun also erklärt Mitt Romney, sollte er Präsident werden, dann werde er den Druck auf Iran weiter erhöhen und im Falle Syriens »daran arbeiten, diejenigen Mitglieder der Oppositionstruppen zu identifizieren und zu organisieren, die unsere Werte teilen«, um sie mit schweren Waffen beliefern.
Gott bewahre, nichts wäre fataler als ein solches orientalisches Abenteuer, indem der Westen sich erneut in innerarabische Konflikte einmischt und den letzten Rest Glaubwürdigkeit zwischen Rabat und Sanaa, Damaskus und Kairo verliert, indem die USA wiederum der fatalen Auffassung aufsitzen würde, dass die arabische Welt auf die westlichen Heilsbringer und deren Demokratieform warte, anstatt zu begreifen, dass man selbst probieren möchte, auch wenn es kein einfacher Weg ist, welche Staatsform am besten ist.
Demokratie in die Herzen der Menschen schießen – oder schießen lassen
Freilich, Barack Obama, der unfreiwillig zum Friedensnobelpreisträger avanciert war, hat im gesamten Nahen und Mittleren Osten nicht mehr die Strahlkraft, wie unmittelbar nach seiner berühmt gewordenen Rede in Kairo. Nicht zuletzt durch den amoralischen Drohnenkrieg, die Ermordung Osama bin Ladens und sein Zögern während des Arabischen Frühlings in Ägypten, dem Jemen und in Libyen.
Seine Form der Außenpolitik im Maghreb und der Levante ist ein kühles und schweigsames Taktieren und Agieren im Hintergrund – am besten zu beobachten in der Causa der Muslimbruderschaft in Ägypten. Diese Form der Außenpolitik löst sicherlich keine Begeisterungsstürme aus.
Aber: In Zeiten, in denen das wahhabitische Königshaus und Katar sich mit dem syrischen Regime einen Wettkampf liefern, wer mehr zur Eskalation der Lage beitragen kann und an der Grenze Recep Tayyip Erdoğan eine neo-osmanische, aggressive Außenpolitik als sein neues Lieblingsspielzeug im Regierungshandkoffer entdeckt hat, in solch einer Zeit darf es nicht passieren, dass die USA ein weiteres Mal in Bush-Manier laut polternd und auf törichte Art und Weise das »Leuchtfeuer der Demokratie« in die Herzen der Menschen schießen oder den Weltenbrand durch eine weitere Eskalation mit Iran heraufbeschwören wollen.