Auf einer Party beschlossen sie, herablassenden Blicken der Apotheker beim Kauf von Verhütungsmitteln etwas entgegenzusetzen. Drei Monate später gründeten Zadi Hobeika und sein Partner YallaCondoms – Libanons ersten Kondom-Onlineshop.
Das Firmenlogo ist in einem poppigen, einprägsamen Cartoon-Stil gehalten. Darunter eine Liste der Hersteller und die momentanen Verkaufsschlager. Jetzt nur noch ein Klick rechts oben auf den Warenkorb und ab zur Kasse. Shoppen im Internet kann so einfach sein, selbst wenn es sich um Kondome und andere Sex-Utensilien handelt. Im Nahen und Mittleren Osten ist genau das jedoch keine Selbstverständlichkeit. Auch nicht im Libanon, dem wohl liberalsten arabischen Staat. Selbst in der Metropole Beirut ist Sex auch heute noch ein Tabuthema.
Damit zu brechen, war eines der erklärten Ziele, mit denen das Internetportal YallaCondoms.com im März 2014 seine virtuellen Pforten öffnete. Zadi Hobeika ist einer der beiden Gründer von YallaCondoms. In weiten Teilen der libanesischen Gesellschaft, behauptet er, herrsche noch immer eine erzkonservative Auffassung von Sittlichkeit vor: »Männern, die in einer Apotheke oder in einem Supermarkt nach Verhütungsmitteln fragen, wird unterstellt, sie wollen ihre Frauen betrügen. Und wer nach Gleitcreme fragt, gilt gleich als schwul.« Viele scheuten deshalb den Gang zum Apotheker, sagt Hobeika, vor allem in den ländlichen Regionen außerhalb der Hauptstadt. Denn dort kenne jeder jeden, »und der Kauf einer Packung Noppenkondome mit Erdbeergeschmack wäre für die nächsten Tage Dorfgespräch«.
Zadi Hobeika, 28, und Robert Tabet, 27, kennen sich noch aus Studentenzeiten. Hobeika arbeitete danach im Ausland, bei Google in Dublin, bevor er 2013 zurückkehrte und eine Agentur für Internetwerbung gründete. Tabet kam derweil in der Pharmabranche unter und stellte ein Kosmetikunternehmen auf die Beine. »Unsere jeweiligen Kompetenzen ergänzen sich hervorragend«, erklärt Hobeika in dem Büro seiner Werbeagentur in einem Außenbezirk Beiruts, von wo aus er momentan auch die Geschäfte von Yalla Condoms leitet.
»Also haben wir auf einer Party spontan beschlossen, einen Onlineversand für Kondome zu gründen, bei dem man auch anonym und in großen Mengen bestellen kann. Und der Laden läuft.« Verkaufszahlen möchte Hobeika zwar nicht nennen, aber an guten Tagen, sagt er, verzeichne YallaCondoms vierstellige Besucherzahlen. Eine große Auswahl an Kondomen auch namhafter Hersteller haben die Jungunternehmer im Repertoire; zudem Gleitcremes, Schwangerschaftstests und ein Spray zur Ejakulationsverzögerung. »Wir haben sogar einen Penisring im Angebot«, erzählt Hobeika, »doch weiter reicht unsere Palette an Extravaganzen nicht.«
Denn der Verkauf ausgefallener Sexspielzeuge, aber auch von Viagra und der »Pille danach« sei im Libanon verboten. Die große Werbetrommel rühren die beiden ohnehin nicht. Sie haben einen Facebook- und einen Twitter-Account und verlassen sich ansonsten auf Mund-zu-Mund-Propaganda. »Wir glauben, dass uns Konkurrenz hier im Libanon sogar gut tun würde«, sagt Hobeika. »Denn alle jungen Menschen im Libanon würden davon profitieren, wenn es eines Tages selbstverständlich wäre, die Familienplanung in die eigenen Hände zu nehmen oder einfach Safer Sex zu praktizieren.«
Auch in punkto Lieferzeiten hat Yalla Condoms einen Wettbewerbsvorteil. »Wir brauchen maximal 48 Stunden, dann ist der Kurier vor Ort«, sagt Hobeika. »Der Kunde kann sogar die Uhrzeit vorgeben, wann die Lieferung übergeben werden soll. Und er kann unter Pseudonym bestellen. Alles, was wir brauchen, sind eine Adresse und eine Telefonnummer.« Und noch etwas bietet Yalla Condoms, was Drogeriemärkte und die großen Hersteller nicht offerieren können: »Uns rufen Kunden an, die nicht nur kaufen wollen, sondern auch beraten werden müssen – etwa wie man einen Schwangerschaftstest benutzt und welche Kondome für welchen Typ zu empfehlen sind.« Im Grunde, meint Zadi Hobeika, seien er und sein Compagnon nicht nur Kondomverkäufer, sondern auch Sexberater.