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Die Golfstaaten und ihre Anti-Terror-Bemühungen

Interpol am Golf

Feature

Mit einer gemeinsamen Polizeibehörde wollen die Golfstaaten ihre Anti-Terror-Bemühungen koordinieren. Getrieben sind sie von der Furcht vor dem Iran – und der eigenen Bevölkerung.

Die Innenminister der GCC-Staaten haben sich auf einer Konferenz im Emirat Abu Dhabi darauf geeinigt, eine supranationale Polizeibehörde nach dem Vorbild der europäischen Interpol zu schaffen. Die sechs Staaten des Golfkooperationsrates möchten so den gemeinsamen Kampf gegen das organisierte Verbrechen auf eine neue Ebene heben. »Die Golfstaaten sind als Transitknoten für Personen und Waren zwischen Europa und Asien besonders sensibel mit Blick auf das organisierte Verbrechen«, erläutert Mustafa Alani vom »Gulf Research Centre«. So richte sich diese Initiative auch insbesondere gegen Drogenschmuggel, Menschenhandel, Geldwäsche und Produktfälschungen.

 

Zwar bestätigen diverse Untersuchungsberichte internationaler Organisationen, dass insbesondere die Vereinigten Arabischen Emirate seit wenigen Jahren den Kampf gegen die schlimmsten Auswüchse des Menschenhandels und anderer Formen geschäftsmäßiger Kriminalität forcieren, dass der Beschluss jedoch genau jetzt unterzeichnet wurde, hat andere Gründe: Am 4. Dezember explodierte vor der britischen Botschaft in Manama eine Bombe – das Königreich verdächtigte den Iran.

 

Gleichzeitig nimmt die Gewalt im saudi-arabischen Nachbarland Jemen nicht ab und auch die Erinnerungen an das Mossad-Attentat auf den Hamas-Offiziellen Mahmoud Al-Mabhouh in einem Dubaier Luxushotel sind noch frisch. »Um uns an neue Entwicklungen anzupassen, müssen wir die Sicherheitskooperation zwischen den GCC-Staaten erneuern«, hieß es in einem Pressetext zur Ministerkonferenz.

 

Bahrains Polizei: Zucht- oder Reformhaus?

 

Noch sind keine Informationen darüber bekannt, aus welchen Kräften sich die neue Polizeitruppe rekrutieren wird, ihre Aufgabe wird es aber sein, zu verhindern, dass der Golf zur Spielwiese westlicher und nahöstlicher Bombenbauer, Auftragsmörder und politischer Agitatoren wird.

 

Bahrains Innenminister Scheich Rashid bin Abdulla Al-Khalifa lobte die Zusammenarbeit seines Landes mit Katar in den vergangenen Wochen, insbesondere bei der Enttarnung einer Terrorzelle, die nach Angaben des bahrainischen Innenministeriums Attentate auf mehrere offizielle Einrichtungen in Bahrain geplant hatte. Der Umstand, dass katarische Sicherheitskräfte die Pläne aufgedeckt hätten, belege, wie wichtig die Zusammenarbeit auf diesem Gebiet sei.

 

Wenige Stunden bevor die Regierungsvertreter in Abu Dhabi zusammentrafen, kam es jedoch in der bahrainischen Hauptstadt abermals zu schweren Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei – mit Tränengas und Gummigeschossen wurde die Menge auseinandergetrieben.

 

Die offizielle Aufarbeitung der diesjährigen Proteste stößt aber nicht nur auf Kritik bei Oppositionellen: Ein Ende November vorgestellter Untersuchungsbericht einer von der Regierung eingesetzten Kommission legt den Sicherheitskräften systematische Folter an Aktivisten zur Last. Auch die Prozesse gegen 20 Mediziner, die wegen der Versorgung von Demonstranten zu jeweils 15 Jahren Haft verurteilt wurden, sollen neu aufgerollt werden. All das findet durchaus Anklang bei Gegnern der Regierung.

 

Konsequenz aus den Befunden soll eine umfangreiche Polizeireform sein. Zur Überwachung der Neuordnung hat König Hamad ibn Isa Al-Khalifa zwei Wunschkandidaten an den Golf geholt: John Yates, ein wegen seiner nachlässigen Ermittlungsarbeit rund um die News-of-the-World-Skandale geschasster Londoner Polizeiobere sowie John Timoney, früherer Polizeichef von Miami, der nach einer Dienstwagenaffäre bei einem privaten Sicherheitsberater anheuerte. »Die bahrainische Polizei sieht sich gegenwärtig mit ähnlichen Problemen konfrontiert, wie sie das Vereinigte Königreich vor wenigen Jahrzehnten auch kannte«, so Yates.

Von: 
Nils Metzger

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