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Karl Moiks Musikantenstadtl auf Besuch in Abu Dhabi

Emir der Entertainer

Reportage
Karl Moik mit seinem Musikantenstadl in Abu Dhabi
Moik, der Mayrhofner, ein Beduine und ein lachendes Kamel: Dubai im Stadl-Fieber Foto: ORF

Für den Volksmusikstar Karl Moik ist Kulturaustausch a Gaudi.

In der Kulturredaktion des Österreichischen Rundfunks in Wien klingelt das Telefon. »Den Karl Moik sprechen?« fragt eine Redakteurin entsetzt, »na, da sind Sie bei uns falsch. Wir sind doch hier Kultur, und der macht Unterhaltung!«

 

Am 8. Dezember 2001 ist das anders geworden. Der beliebte Volksmusikstar Moik hat sich mit dem Musikantenstadl aus dem Golfemirat Dubai in die vorderste Reihe der Weltkulturschatffenden katapultiert.

 

Da muss selbst Moiks eigens für die Sendung abgerichtetes Kamel schmunzeln, als die feschen Mayrhofner in engen Lederhosen auf die Bühne hüpfen und singen »Ja. da samma halt n Dubai, ja da spieln'ma für die Scheichs«. Dass es im Vorfeld der Ausstrahlung der Sendung mächtig Krach gegeben hat, spielt für die Zuschauer keine Rolle mehr.

 

»I hab schon alles hinschmeißen wolln«, sagt Moik, der immer noch nicht begreifen kann, dass die ARD den Dubai-Stadl »aus Pietätsgründen nicht Anfang Oktober wie ursprünglich geplant live überragen wollte. Deutschlands größte Sendeanstalt habe hier die einmalige Gelegenheit verpasst, »den Arabern freundschaftlich die Hand zu reichen«. Das bedauert Moik, der beklagt, in heutigen Zeiten gelte in Europa ja jeder Araber als Terrorist.

 

Dirndl mit viel Busen zeigt man in Dubai nicht

 

»Überall auf der Welt ham die Laut gern Unterhaltung«‚ resümiert Moik sein Konzept der Völkerfreundschaft. Des sei a Sache von Verstand und nicht von großen Rede. Dazu passt auch der Text des Liedes, das die Jungen Oberkrämer aus Österreichs Nachbarland Slowenien aufs Parkett schmettern: »Bei uns preist man die Alpen, die lndios besingen ihre Anden, und überall auf der Welt wird schöne Volksmusik gemacht. Da gibt's koane Grenzen.

 

Moik fährt zur Höchstform auf, als seine Co-Moderatorin Dania aus Abu Dhabi den Saal betritt. Wenn alle Araberinnen so ausschauen - so denken jetzt alle männlichen Stadl-Fans, die aus Deutschland, Österreich und der Schweiz nach Dubai gekommen sind - dann schick I meine Alte hoam und bleib noch a bisserl.

 

Und als Dania auf Arabisch die Fernsehzuschauer begrüßt, erfahren Millionen in Europa zum ersten Mal, wie zauberhaft diese Sprache klingt. Denn Arabisch, des hört man ja sonst nur von Bin-Laden-Videos‚ und da labert doch nach a paar Sekunden immer irgend oaner Deutsch Drüber. »Die Kollegen in Dubai sind genauso Profis wie wir«, erklärt Moik ganz ohne Pathos, »einem Kameramann muss I net sagen, was a Kamera ist«, und eine Note sei eine Note. Deshalb könne das Polizeiorchester von Dubai den Radetzky-Marsch genauso blasen wie die Kollegen aus Tirol, Wien oder Voralberg.

 

Ein paar Dinge gebe es natürlich zu beachten: A Dirndl mit viel Busen, des müsse man net zeigen. Das gebiete der Respekt. Auch habe der Gitarrist Khalid Basanji zu seinem Auftritt keine Ballettszenen mit leicht bekleideten Damen gewünscht. »Des is doch klar, dass I net mit Schuhn in a Moschee reinlatschen tu«, erklärt Moik, »und dass I keinen beim Beten stör weil des is halt dem sei Religion«.

 

Mit seiner herzhaften Vergnüglichkeit hat sich Moik Freunde gemacht. Dubais Prinz Scheich Faisal zum Beispiel. Der kommt mit Frau und Töchtern - alle unverschleiert - zum Stadl, und Moik dankt, wie es im arabischen Fernsehen sich nun mal gehört, dem Herrscherhaus für seine Hilfe. Und während die Stadl-Fans dem Scheich einen kräftigen Applaus spenden, schmettern die Stoakogler aus der wilden Steiermark die Verse »Es hat in Zell am Siller so fesche Ladykiller« und »I've been looking for Freibier«. Sei's drum, im arabischen Fernsehen gibt's halt bloß Wasser.

 

»Zeig mir heut' Nacht, was Du kannst«

 

Einige der Stars aus Österreich geben sich ganz orientalisch. Die Grand-Prix-Siegerin Marianne Cathomen tritt im luftigen, nachtblauen Haremsgewand an und singt »Zeig mir heut Nacht, was Du kannst« - während die Trachtengruppe Schruns-Tschagguns im grünen Loden schwitzen muss.

 

Moik sagt, er sei mit dem Musikantenstadl schon auf fünf Kontinenten unterwegs gewesen. »BELLA GERANT ALII. TU FELIX AUSTRIA, NUBE – Kriege mögen andere führen, du, glückliches Österreich, heirate«‚ so habe es früher bei den Habsburgern geheißen. Doch heute erobere Österreich die Welt nicht durch Heirat, sondern mit Musik.

 

Er habe mit niemandem Probleme und dass die Leut in Österreich gegenüber Arabern feindselig sind, des sei ja kein Wunder. Die Medien berichteten schließlich nur grausliches Zeug über den Nahen Osten, und man sehe daran, dass Vorurteile und Rassismus auch „höchst intellektuelle Kreise« durchziehen. Er könne sich vorstellen, den Stadl auch einmal aus lsrael zu senden. Nur im Moment, da wäre das Frevel. »Da sterben täglich Menschen, da können mir net hingehen und an Blödsinn machen«.

 

Die Menschen in Europa wissen jetzt mehr vom Orient. Und wundern sich, dass man den arabischen Frauen sogar schmatzig die Hand küssen kann. Der Moik macht's vor. »Du bist mein Diwanpüppchen«‚ singt er zum Schluss für Dania, die schüchtern und entzückt mit den bezaubernden schwarzen Augen blinkt, »herzig und süß und im Herzen Sägespäne my golden baby«.

 

Und dann trällern beide gemeinsam den Nicole-Schlager »Ein bisschen Frieden« auf Deutsch, Arabisch und Englisch. Gerade jetzt brauche man das, sagt Moik, und alle Zuschauer schlucken für einen Moment. Bitte, lieber Karl, sag doch jetzt nicht »nach dem 11. September«. Na - des lasst er bleiben. Kulturaustausch kann so schön einfach sein. Salem aleikum, küss die Hand, Servus.


Dieser Artikel stammt aus der zenith-Ausgabe 1/2002.

 

Das Musikantenstadtl wird auch heute noch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ausgestrahlt. Seit 2016 schunkelt Jörg Pilawa sich und seine Gäste durch das Programm. Karl Moik verlies die Sendung bereits 2005 und starb zehn Jahre später in Salzburg. Sein „Diwanpüppchen“, Dania Khatib, bleib dem Showbiz noch einige Jahre treu. Zuletzt wurde war es still um die Libanesin.

Von: 
Daniel Gerlach

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