Jeden Freitag kuratieren wir fünf Twitter-Accounts zu einem Thema. In dieser Woche: Die Proteste in Algerien.
Khaled Drareni ist freier Journalist und berichtet unter anderem für den französischsprachigen Fernsehsender TV5 Monde aus Algerien. Auf seinem Twitter-Account hält er die Proteste im Land mit viel Bildmaterial fest und dokumentiert besonders Einschränkungen der Pressefreiheit in seinem Heimatland.
So berichtet er von einer Demonstration am 28. Februar, auf der mindestens 15 Journalisten von der Polizei festgenommen wurden – er selbst konnte nur knapp entkommen. Außerdem macht er auf die versuchte Zensur seitens der Armee aufmerksam, die etwa alle algerischen Medien angewiesen habe, ein Video von Oberbefehlshaber Ahmed Gaid Salah vom Netz zu nehmen, in dem der Armeechef über die Proteste redet.
Army has asked all algerian media to remove the video of Ahmed Gaid Salah, Chief of Algerian army, in which he talks about anti-fifth term demonstrations.
— Khaled Drareni (@khaleddrareni) February 26, 2019
Die aktuellen Proteste im Land versucht Journalistin Yasmina Allouche auf ihrem Twitter-Account nicht nur im Lichte heutiger Ereignisse zu analysieren, sondern bezieht Algeriens Vergangenheit mit ein.
Die Verknüpfung mit dem »schwarzen Jahrzehnt«, dem Bürgerkrieg Algeriens in den 1990er Jahren, hält sie jedoch für manipulative Staats-Rhetorik und für einen Versuch, die Proteste mit ausländischer Einmischung in Verbindung zu bringen.
"I remember 1991 like it was today...I read now that there is a call to strike." referring to the troubles in Algeria following the 1988 Black October riots which preceded the Black Decade. This is manipulative state rhetoric that links protests to foreign hand meddling in the
— Yasmina (@animsche) February 28, 2019
Der Journalist Hamdi Baala berichtet für die Huffington Post aus Algerien. Auf seinem Twitter-Account informiert er über die anstehenden Wahlen in Algerien – angesichts der Proteste nun auch über die Reaktionen auf Seiten der Regierung.
So zitiert er beispielsweise Premierminister Ahmed Ouyahia, der schon das Bewerbungsschreiben Bouteflikas als »Chance für eine echte Veränderung« hält. Er selbst ist sich aber sicher: Es geht den Menschen nicht nur um Bouteflika, sondern um die gesamte Regierung, die als »Bande« bezeichnet wird.
In every protest I've been to, the slogans were not just against Bouteflika but against the entire regime. Most people think Bouteflika is in no shape to govern and that he is kept in office by what they call العصابة (the gang).
— Hamdi (@HamdiBaala) February 28, 2019
Isabelle Werenfels ist Leiterin der Forschungsgruppe Naher/Mittlerer Osten und Afrika der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) mit Sitz in Berlin. Auf ihrem Twitter-Account verfolgt sie mit wachsamen Auge die Proteste in Algerien: Die Schweizer Wissenschaftlerin erkennt eine vorsichtige Abkehr der Arbeitergewerkschaft UGTA von Bouteflika oder wundert sich darüber, wie wenig Aufmerksamkeit die Proteste in deutschen Medien bisher erfahren.
Außerdem hat sie sich in vergangenen Arbeiten intensiv mit der Debattenkultur und Twitter-Netzwerken in der MENA-Region beschäftigt. Aus ihrer Analyse lässt sich große Unterstützung in den sozialen Medien für die Proteste vor allem aus einem Land erkennen: dem Nachbarn Tunesien.
Algerian protests against 5th term getting attention of their neighbours. Here a letter of support by imprisoned Moroccan Rif activist Zefzafi. And lots of support for demonstrations on social media particularly in Tunisia https://t.co/Y5fe59yK1i
— Isabelle Werenfels (@iswerenfelsi) February 26, 2019
5.) Adlène Meddi
Adlène Meddi schreibt unter anderem für das Portal Middle East Eye und hat sich auf Algeriens Geheimdienst spezialisiert. Auf seinem Twitter-Account hält der Journalist zu den Protesten auch Außergewöhnliches fest: Vater und Sohn treffen sich bei den Protesten, der eine ist dort als Polizist, der andere als Demonstrant.
Zwar verliefen die Proteste bisher friedlich, aber nachdem Premier Ouyahia eine notfalls auch gewaltsame Niederschlagung androhte, fürchtet auch Meddi Schlimmeres: »Die Bürger haben den Polizisten Rosen angeboten, das ist schön, aber ich erinnere mich, auch in Syrien hat alles mit Rosen begonnen«.
Ahmed Ouyahia : "Les citoyens ont offert des roses aux policiers, c’est beau, mais je rappelle qu’en Syrie, ça a commencé aussi avec les roses"
— Adlène Meddi (@adlenmeddi) February 28, 2019
Plus de mots. Atterré. J'en pleure.