Vom senegalesischen Sufi-Treffen bis zur Seelenschau in Schwarz-Weiß: Auch die vierte Runde des zenith-Fotopreises bot ein reiches Spektrum an Ansätzen und Blickwinkeln. 53 Profifotografen und Fotoamateure fingen ihre Bilder vom Islam in Europa ein.
Das Feindbild Islam gibt populistischen Bewegungen in ganz Europa Aufschwung – Grund genug, den Blick des zenith-Fotopreis auszuweiten und zu fragen: Wie sieht der Islam in Europa eigentlich aus?
DIE PREISVERLEIHUNG
Johannes Kramer vom FMIK e.V. (h. R. 1. v. l.), France Keyser (v. R. 3. v. l.) und Ayse Avdic (v. R. 2. v. r.): Am 15. November wurden aus jeweils drei nominierten die besten Strecken in den Kategorien Profifotografen (dotiert mit 3.000 Euro) und Fotoamateure (dotiert mit 1.500 Euro) bekanntgegeben und ausgezeichnet. Der Gewinner des Publikumspreises – die Einsendung »Encounters at the Museum« des Vereins »Freunde des Museums für Islamische Kunst« (FMIK e.V.) – war bereits zuvor von den Usern auf zenith.me gewählt worden und wurde auf der Preisverleihung mit 500 Euro Preisgeld prämiert.
KATEGORIE AMATEURE
Platz 1
Ayse Avdic / Resilience
Den ersten Platz in der Amateur-Kategorie belegte die Berliner Fotografin Ayse Avdic. Ihre Serie »Resilience« setzt Flüchtlinge u. a. aus Tschetschenien und Syrien im Kontext ihrer neuen Heimat in Szene. »Avdic schafft es, in Bildern wortlose Botschaften durch Körpersprache zu übermitteln«, urteilte die Jury. »Mir geht es darum, Lebensgeschichten aufzugreifen und sie kreativ zu verarbeiten. So werden Geschichten, Visionen, innere Kämpfe sichtbar«, erklärte Avdic auf der Preisverleihung ihren fotografischen Ansatz.
Platz 2
Simone Sapia / The Long Night Of Tijanis
Den zweiten Platz belegte der italienische Fotograf Simone Sapia, dessen Strecke »The Long Night of Tijanis« ein Treffen (»Gamou«) westafrikanischer Sufis in Italien dokumentiert. Seit mittlerweile fast 20 Jahren kommen jedes Jahr etwa 7.000 Mitglieder der senegalesischen Tidschani-Bruderschaft aus ganz Europa zusammen, um an diesem religiösen Fest teilzunehmen – diesmal in Conegliano Veneto, im Nordosten Italiens. »Die schönen Bilder in leuchtenden Farben haben uns beeindruckt. Der Fotograf schaffte es so, die Spiritualität des Treffens einzufangen, obwohl diese durch den ungewöhnlichen Ort der Veranstaltung aus ihrem eigentlichen Kontext gerissen wurde«, so die Jury.
Platz 3
Jean-Pierre Duvergé / Cergy’s Faces
Die Stadt Cergy-Pontoise liegt im Ballungsraum Paris, nordwestlich der französischen Hauptstadt, und zeichnet sich durch einen bunten Mix von mehr als 130 Nationalitäten aus, viele der etwa 200.000 Einwohner sind Muslime. Zwölf von ihnen hat der französische Fotograf Jean-Pierre Duvergé für seinen Beitrag »Cergy’s Faces« porträtiert. »Einfach und direkt. Eine sehr starke Serie, technisch gut ausgeführt. Die Bilder transportieren ein Gefühl des Glücks, des Friedens und der Liebe in einer multikulturellen Nachbarschaft«, befand die Jury.
KATEGORIE PROFESSIONALS
Platz 1
France Keyser / French And Muslim
Über den ersten Platz in der Profikategorie durfte sich die französische Fotografin France Keyser freuen. Ihre Strecke »French and Muslim« zeigt Muslime, die sich in der Mitte der französischen Gesellschaft engagieren, ob in der Armee, dem politischen Leben oder gegen Radikalisierung. »Die Serie zeigt wirkmächtige Bilder des Islam als positive Kraft«, begründete die Jury ihre Entscheidung. »Seit 15 Jahren versuche ich mit meiner fotografischen Arbeit, das Bild des Islam zu normalisieren. Die Botschaft ist ganz einfach: Muslime sind ganz normale Leute«, erzählte Keyser auf der Preisverleihung.
Platz 2
Karim El Maktafi / Hayati
»Man muss lernen, mit verschiedenen Sprachen, kulturellen Tabus, Bezugnahmen und Verboten zu jonglieren und denjenigen deine Welt zu erklären, die nicht mit dir auf dieser Türschwelle stehen. Ich musste eine Reise in mein eigenes Leben und meine Familiengeschichte unternehmen und stieß dabei auf Zweifel, Zögern und Meinungsänderungen – konnte aber auch ein ehrliches Porträt meiner selbst zeichnen.« Karim El Maktafi wurde in Desenzano del Garda, einer kleinen Stadt in der Nähe von Brescia, als Sohn von marokkanischen Eltern geboren. »Hayati« (zu Deutsch »Mein Leben«) dokumentiert seine Identität als Italiener in zweiter Generation. »Der sehr intime und persönliche Ansatz in dieser Schwarz-Weiß-Serie, alltägliche Szenen mit einem Smartphone zu dokumentieren, resultiert in friedlichen und schönen Bildern«, so das Urteil der Jury.
Platz 3
Hugo Aymar / Through The Eyes Of Bakary
Bakary Sakho, 35 Jahre alt, wuchs im 19. Arrondissement am nordöstlichen Stadtrand von Paris auf. Eine Kindheit in den späten Achtzigern, in der die Hip-Hop-Kultur aufblühte, aber auch Crack immer populärer wurde. In seiner Jugend hat er auf den Straßen viel Zeit mit dem Versuch verbracht, als Dealer Geld zu verdienen, bis die Polizei ihn schließlich eines Tages hochnahm. Durch den Islam hat Bakary die Kraft gefunden, auf den richtigen Weg zurückzufinden. Er arbeitet mittlerweile als Hausmeister und engagiert sich in der Nachbarschaft. »Eine sehr beeindruckende Arbeit über die positiven Effekte islamischer Werte im Alltag von Muslimen. Durch Bakarys Kampf, ein besserer Mensch zu werden, erzählt uns der Autor eine Geschichte der Reue und der Reintegration in die Gesellschaft durch den Islam«, lobte die Jury die Strecke des Pariser Fotografen Hugo Aymar.
DIE AUSSTELLUNG
Und zum Nachtisch eine Vernissage: Im Anschluss an die Preisverleihung im »Museum in der Kulturbrauerei« wurde die zugehörige Ausstellung eröffnet. In der Berliner Einrichtung des »Hauses der Geschichte« werden die Siegerstrecken und die 50 besten Bilder aller eingesendeten Fotostrecken des vierten zenith-Fotopreises bis zum 8. April 2018 zu sehen sein.