Zwei Golfstaaten normalisieren ihre Beziehungen zu Israel. Wirtschaftliche Interessen stehen dabei im Vordergrund.
Was ist geschehen?
Israels Ministerpräsident Benyamin Netanyahu und der Thronfolger der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Muhammad bin Zayid Al Nahyan, unterzeichneten Mitte August eine Absichtserklärung – die beiden Staaten wollen diplomatische Beziehungen aufnehmen. Einen Monat später verkündete US-Präsident Trump, das Königreich Bahrain werde ebenfalls ein »Friedensabkommen« mit Israel eingehen. Kurz darauf wurde dieses in Washington unterschrieben. Somit normalisieren nach Ägypten 1979 und Jordanien 1994 die arabischen Staaten Nummer drei und vier ihre Beziehungen zur Regionalmacht am Mittelmeer.
Trump sprach von einem »historischen Durchbruch«, Außenminister Maas bezeichnete die Normalisierung als »wichtigen Beitrag zum Frieden in der Region«, und auch der omanische Sultan Haitham bin Tariq begrüßte die Schritte. Kritik kam hingegen von führenden türkischen und iranischen Offiziellen. Im Westjordanland und im Gazastreifen demonstrierten Hunderte gegen die Abkommen – der palästinensische Präsident Mahmud Abbas verurteilte sie als »Verrat« an der palästinensischen Sache. Saudi-Arabien, das Schwergewicht unter den arabischen Golfstaaten, hielt sich in der Bewertung merklich zurück.
Worum geht es eigentlich?
Die geopolitischen Frontlinien im Nahen Osten haben sich verschoben. Jahrzehntelang bestimmte die arabisch-israelische Konfrontation, insbesondere die Palästina-Frage, die regionalen Gemüter. Aber inzwischen bewerten die Golfstaaten Iran als größere Gefahr für die eigenen Interessen und ihre Sicherheit – immerhin stehen dessen Verbündete im Jemen und in Syrien Kräften gegenüber, die von Saudi-Arabien und den VAE unterstützt werden.
Auch Israel begreift Iran als Bedrohung, seit der Islamischen Revolution von 1979 sind die Beziehungen zwischen den regionalen Schwergewichten feindselig. Aber nicht nur der gemeinsame Feind Iran vereint Israel und die Golfstaaten: Beide Seiten sind wirtschaftlich sowie militärisch von den USA abhängig. Trump will sich wenige Monate vor den Präsidentschaftswahlen als Friedensstifter rühmen lassen, im Gegenzug bietet er Dollars und Waffen.
Für Israel sind die Abkommen ein Erfolg im Bestreben, die regionale Isolation zu durchbrechen. Die Regime der VAE und Bahrains stehen unter größerem Erklärungsdruck: Deren Bevölkerungen werten die Aufnahme diplomatischer Beziehungen teils als Normalisierung der Besatzung der palästinensischen Gebiete. Aber zur Not unterdrücken die autoritären Herrscher diesen Unmut. Das palästinensische Streben nach Selbstbestimmung und UN-Sicherheitsratsresolutionen, die zwei Staaten zwischen Mittelmeer und Jordan vorsehen, ignorieren die Protagonisten der Einigungen weitgehend.
Wie geht es nun weiter?
Entscheidend wird sein, ob Saudi-Arabien als dominante Kraft unter den arabischen Golfstaaten mit einem Friedensvertrag nachzieht. Erst dann kann von einem »historischen Durchbruch« gesprochen werden. Riad hat den VAE und dem komplett hörigen Königreich Bahrain die offizielle Annäherung an Israel erlaubt, aber als Hüterin der heiligen islamischen Stätten und als Regionalmacht hat Saudi-Arabien selbst weitaus mehr zu verlieren.
Viel spricht dafür, dass die Herrscherfamilie um Kronprinz Muhammad bin Salman diesen Schritt trotz de facto intensivierter Beziehungen zu Israel nicht gehen wird. Die ohnehin miserable Position der palästinensischen Führung vis-à-vis der militärisch überlegenen Besatzungsmacht Israel hat sich durch die Vereinbarungen weiter verschlechtert. Israels rechte Regierung wird sich bestätigt fühlen, dass sie nicht mit Konsequenzen für ihre völkerrechtswidrige Annexionspolitik rechnen muss.