Im Osten Syriens tötet das US-Militär im Februar russische Söldner, die an einem Angriff auf US-Verbündete beteiligt sind. Ein Betriebsunfall?
In der Nacht auf den 8. Februar hat das US-Militär in der östlichen Provinz Deir ez-Zour das Feuer auf anrückende Assad-Truppen eröffnet. Dabei wurden nicht nur Angehörige von Milizen unter iranischem Kommando und der syrischen Armee getötet, sondern auch eine bisher ungeklärte Anzahl russischer Söldner – in Diensten der sogenannten »Wagner-Gruppe«, einer privaten Sicherheitsfirma mit engen Kontakten zum Kreml.
Gemeinsam mit den übrigen Assad-treuen Truppen hatten die Söldner den Euphrat überquert und Gasfelder nahe der Provinzhauptstadt angesteuert. Der Euphrat teilt den Osten Syriens in zwei Eifluss- gebiete: Der Westen wird vom Assad-Regime und seinen Verbündeten kontrolliert, der Osten von den »Demokratischen Kräften Syriens« (SDF), die unter dem Schutz der USA stehen.
Die Pro-Assad-Truppen zogen sich zurück, nachdem die US-Luftwaffe verheerenden Schaden angerichtet hatte. Es handelte sich um das erste größere Gefecht zwischen den beiden Seiten, seit Deir ez-Zour im November 2017 vom sogenannten »Islamischen Staat« (IS) zurückerobert wurde.
Worum geht es eigentlich?
Die russische Regierung bestreitet jedwede Kontakte zur Wagner-Gruppe. Tatsächlich hat sie einzelnen Mitgliedern aber militärische Ehren zuteilwerden lassen. Seit Jahren unterstützten Wagner-Söldner russische Militäroperationen in Syrien und der Ost-Ukraine.
Sofern der Kreml dem Wagner-Einsatz in Deir ez-Zour zugestimmt hat, handelte es sich um das erste Gefecht zwischen pro-russischen Truppen und den USA seit dem Kalten Krieg. Sofern der Kreml tatsächlich nichts von dem Einsatz wusste, scheint die Wagner-Gruppe mittlerweile auf eigene Faust in Syrien zu agieren – etwa in Diensten syrischer Warlords.
Darüber hinaus weist die entschlossene US-amerikanische Antwort auf den Vorstoß der Pro-Assad-Truppen darauf hin, dass Washington seine Präsenz in weiten Teilen von Syriens Nordosten vehement zu verteidigen gedenkt.
Wie geht es nun weiter?
Der Zwischenfall vom 7. Februar verdeutlicht die brisante Situation in Syriens Nordosten. Präsident Baschar Al-Assad hat vor 2016 versprochen, »jeden Zentimeter« des Landes zurückerobern zu wollen. Im Nordosten haben die USA allerdings zahlreiche Militärbasen aufgebaut und scheinen derzeit nicht an einen Rückzug zu denken. Eine Konfrontation zwischen den unter US-Schutz stehenden SDF-Truppen und dem Assad-Regime scheint so unausweichlich wie unlösbar.
Gleichzeitig werden die Gebiete in Syriens Nordosten von der Türkei bedroht. Für den Kreml ist der Zwischenfall in Deir ez-Zour nicht nur ein PR-Problem, weil tote Staatsbürger zu Unmut in der russischen Bevölkerung führen. Präsident Wladimir Putin hat erklärt, der russische Einsatz in Syrien nähere sich dem Ende – nun sucht er einen Ausweg aus dem fortdauernden Konflikt, ohne die erkämpften Errungenschaften aufs Spiel zu setzen.
Nötig dafür ist ein Mindestmaß an politischen Zugeständnissen, die Assad bisher aber verweigert. Und wenn der Kreml die Aktivitäten der Wagner-Gruppe nicht unter Kontrolle bekommt, verwischt das die russische Militärmacht vor Ort – das zentrale Druckmittel des Kremls.
Lars Hauch ist freiberuflicher Journalist und beschäftigt sich insbesondere mit Islamismus und Sicherheitspolitik im Nahen Osten.