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Scholl-Latours-Erben: Philipp Mattheis

»Also schlug ich vor, ein Büro in Istanbul zu eröffnen«

Portrait
Scholl-Latours-Erben: Philipp Mattheis

Jede Woche fragen wir einen Nahost-Korrespondenten: Wie halten Sie es mit Scholl-Latour, dem großen Erklärer der arabischen Welt? Diese Woche antwortet Philipp Mattheis, Korrespondent der WirtschaftsWoche in Istanbul.

Ein halbes Jahrhundert lang berichtete der Fernsehjournalist Peter Scholl-Latour von Krisenherden in Afrika und Asien, erzählte vom islamischen Wesen und ärgerte damit Wissenschaftler. Im Sommer 2014 verstarb der Bestsellerautor mit 90 Jahren. Wer erklärt den Deutschen nun den Orient? zenith nimmt Kandidaten unter die Lupe. Diese Woche: Philipp Mattheis, Korrespondent der WirtschaftsWoche in Istanbul.


 

  • Geboren: 14.1.1979
  • Wohnort: Istanbul
  • Ausbildung: Studium der Philosophie in München, Ausbildung an der Deutschen Journalisten-Schule
  • Karriere: Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung / jetzt.de 2007-2011. China-Korrespondent der WirtschaftsWoche in Shanghai 2012-2016. Seit 2016 Nahost-Korrespondent der WirtschaftsWoche

 


 

Wie kamen Sie dazu, Nahost-Journalist zu werden?

Für die WiWo war ich vier Jahre in Shanghai. Das war eine spannende Zeit, aber irgendwann wollte ich näher an Europa. Zeitgleich ging der Redakteur, der die Region von Düsseldorf aus betreut hatte, in Rente. Also schlug ich vor, stattdessen ein Büro in Istanbul zu eröffnen. Herausgeberin Miriam Meckel gab mir das notwendige Vertrauen, das umzusetzen.

 

Welche nahöstlichen Sprachen beherrschen Sie?
Ich kämpfe täglich einen Kampf mit Türkisch, den ich meistens verliere.

 

Der Orient riecht nach ...
In Kairo vor allem nach Abgasen, in Istanbul oft nach Meer, überall aber nach Kaffee und Zigaretten – außer in Dubai, da ist alles klimatisiert und sterilisiert.

 

Apropos: Wo liegt er eigentlich, dieser Orient?
Auf jeden Fall östlich von Ankara. Aber es gibt ihn auch in Istanbul – mehr auf der europäischen als auf der asiatischen Seite der Stadt.

 

Drei No-Gos für westliche Reporter im Nahen Osten?
Fotostorys von gut aussehenden PKK/YPG-Kämpferinnen, das eigene politische Koordinatensystem (Rechts-Links, Gut-Böse etc.) auf andere Länder übertragen, Aktivismus mit Journalismus verwechseln.

 

Ihr größter journalistischer Fauxpas?
Die meisten verdränge ich sofort. Immer noch unsäglich peinlich ist es mir, einen kleinen Manager eines deutschen Unternehmens, dessen Namen ich vergessen hatte, mit »Herr Klein« angeredet zu haben.

 

Am meisten über den Orient gelernt habe ich ...
Beim Streiten mit meiner türkischen Freundin.

 

Ein Roman über die Region, den jeder gelesen haben sollte.
Es ist ein Sachbuch, aber in »The Ottoman Endgame« von Sean McMeekin stecken all die Grundlagen für die späteren Konflikte der Region. Zudem erklärt es die Psyche der Türkei, und deren enge Verbindung zu Deutschland, die leider in den letzten Jahren stark strapaziert wurden.

 

Peter Scholl-Latour war für mich ...
Der Autor eines abgegriffenen Exemplars von »Der Tod im Reisfeld«, das ich 2000 in einem windschiefen Hostel in Phnom Penh las.

 

Die Geschichte, die sie schon immer machen wollten, zu der Sie aber nie kamen.
Mit einem VW-Bus von Istanbul nach Kathmandu fahren.

Von: 
zenith-Redaktion

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