Sie haben die Revolution als Teenager erlebt. Jetzt wollen diese jungen Tunesier ihr Land mitgestalten. Ihre Blicke auf damals und heute.
Hend Mgaieth, 27 Jahre alt, arbeitete als Projektkoordinatorin im Büro des ehemaligen tunesischen Ministerpräsidenten Elyes Fakhfakh in Tunis.
2011: »2011, das waren nicht einfach Demonstrationen mit Slogans wie Arbeit, Freiheit, Würde. Das war eine Revolution, die international viel Bewunderung hervorgerufen hat und viele Bürger der Nachbarstaaten motiviert hat, ihre Regierungen infrage zu stellen – der Arabische Frühling wurde zu einer regionalen Widerstandsbewegung und brach mit den alten Regimes«
Heute: »Zehn Jahre sind nichts in der Geschichte eines Landes. Und mit dem Blick auf Libyen und Ägypten wird umso deutlicher, dass wir bei uns die großen Reformen in Gang bringen müssen – für einen erfolgreichen politischen Übergang und um endlich die Vision von sozialer Gerechtigkeit zu erreichen«
Mahdi Elleuch, 29 Jahre alt, arbeitet als Jurist für die NGO Legal Agenda in Tunis, die die Arbeit des Parlaments und der Regierung kritisch überprüft.
2011: »Für mich war die Revolution nicht nur die Befreiung eines Volkes, sondern kam auch der Befreiung des Individuums gleich, das den Sinn des Lebens wiedergefunden hat«
Heute: »Die Revolution eröffnete ein riesiges Feld der Möglichkeiten – das kann zu Verbesserung führen, aber auch zu Verschlechterung. Da wir nun endlich unser Schicksal in den eigenen Händen halten – dank der teuer erkauften Freiheiten –, dürfen wir nicht nachlassen, uns für Freiheit, Gleichheit und Demokratie in Tunesien einzusetzen«
Mustapha Kammoun, 24 Jahre alt, arbeitet als IT-Fachmann in Kairouan.
2011: »Als die Revolution ausbrach, war ich gerade 15. Dieser Moment, als die Angstkultur der Diktatur in sich zusammenfiel und sich die Macht des Staates als Illusion entpuppte, gehört zu den größten kollektiven Errungenschaften der Geschichte Tunesiens. Ich bin unendlich dankbar, dass ich die erste Brise der Freiheit an diesem 14. Januar 2011 schnuppern durfte«
Heute: »Auch heute, zehn Jahre später, bin ich überzeugt, dass die Sehnsucht nach Freiheit ein menschliches Grundbedürfnis ist. Dennoch folgte auf viele Demonstrationen die Enttäuschung, als die autoritären Regime zur Konterrevolution ansetzten und Volksaufstände im Tumult versanken«