Jeden Freitag kuratieren wir fünf Twitter-Accounts zu einem bestimmten Thema. In dieser Woche: Die Proteste im Sudan.
Ganz in weiß gehüllt mit goldenen runden Ohrringen steht sie auf dem Dach eines Autos, mit dem rechten Zeigefinger weist sie nach vorne. So sieht man Alaa Salah auf einem Foto, das am 8. April von der Fotografin Lana H. Haroun geschossen wurde. Binnen kurzer Zeit verbreitete sich das Foto weltweit und machte Alaa Salah zur Ikone des sudanesischen Aufstandes.
Obwohl die junge Frau erst seit diesem Monat einen eigenen Twitter-Account hat, folgen ihre schon 35.000 Menschen – Tendenz stündlich steigend. Dort erhebt sie ihre Stimme für die Frauen und Jugendlichen im Sudan und ermutigt sie, auf die Straße zu gehen: »Eine Kugel tötet nicht. Was tötet, ist das Schweigen der Menschen. Lasst uns diesen Tyrannen stürzen!«
I thank you all from the bottom of my heart. The struggle for a democratic and prosperous Sudan continues. We will not bow down to Al-Bashir, the tyrant dictator! #DemocraticSudan pic.twitter.com/BZ1LPnj4Um
— Alaa Salah (@iAlaaSalah) April 10, 2019
Hind Makki arbeitet als Trainerin für interreligiösen Dialog in den USA und Europa und ist Gründerin der Website »Side Entrance«. Dort dokumentiert sie die Gebetssituation von Frauen in Moscheen in allen Teil der Welt.
Auf ihrem Twitter-Account kann man den Fortgang der Proteste beinahe live verfolgen – und erfährt zudem viel zur Rolle der sudanesischen Frauen bei den Aufständen. Mit dem Begriff »Kandaka« existiert für die weiblichen Protestikonen sogar eine eigene Bezeichnung, die auch in den sozialen Medien immer mehr die Runde macht. Der Name bezieht sich auf den Titel der Königinnen des antiken Königreichs Kusch. Aber auch die Kleidung, die Alla Salah auf dem Foto trägt, hat eine historische Bedeutung, tweetet Makki: »Ihr gesamtes Outfit erinnert an unsere Mütter und Großmütter, die schon in den 1960er, 1970er und 1980er Jahren gegen die vorherigen Militärdiktaturen auf die Straße gingen«.
Her entire outfit is also a callback to the clothing worn by our mothers & grandmothers in the 60s, 70s, & 80s who dressed like this during while they marched the streets demonstrating against previous military dictatorships.
— Hind Makki (@HindMakki) April 8, 2019
Benjamin Strick ist Investigativjournalist, unter anderem für BBC AfricaEye und das Recherchenetzwerk Bellingcat. Seit Beginn der Proteste im Sudan im Dezember 2018 analysiert er Videomaterial und wendet dabei die Methoden der Geolokation an, für die Bellingcat bekannt ist.
Die Auswertungen dokumentiert er in seinen Tweets. Er weist so das gewaltsame Vorgehen der sudanesischen Sicherheitskräfte nach und verortete zudem die Schauplätze aus dem aufgenommenen Bildmaterial. So zum Beispiel einen Schusswechsel am Donnerstagmorgen in der sudanesischen Hauptstadt Karthoum.
The exchange of gunfire heard near Gen Command in #Khartoum much more clear in this footage. Both small and large weapon systems heard. #Sudan army can be seen telling everyone to stay down. Footage filmed from here: https://t.co/Gyf07uTsOo #اعتصام_القيادة_العامة #موكب11ابريل pic.twitter.com/QHg0XXDtFw
— Benjamin Strick (@BenDoBrown) April 11, 2019
Als Kolumnistin für den Guardian kommentiert Nesrine Malik die politischen Entwicklungen im Sudan.
In ihrem Tweet äußert sie ihre Skepsis gegenüber Verteidigungsminister Awad Ibn Auf, der die Machtübernahme durch das Militär ankündigte. Ibn Auf war nicht nur Verteidigungsminister, sondern Vizepräsident unter dem abgesetzten Präsidenten Omar Al-Baschir und ist damit Teil des alten Regimes. 2007 setzte ihn die US-Regierung außerdem auf eine Sanktionsliste aufgrund seiner Beteiligung an Kriegsverbrechen als damaliger Chef des Militärgeheimdienstes während des Bürgerkriegs in Darfur im Westen Sudans.
And considering that Ibn Ouf, the official who made the statement and who is to head up a ‘High Council of Armed Forces’ in the interim period is Bashir’s VP and Defence Minister, it’s very much meet the new boss, same as the old boss.
— Nesrine Malik (@NesrineMalik) April 11, 2019
Anna Lemmenmeier ist Afrika-Korrespondentin für das Schweizer Radio SRF und berichtet von Nairobi aus über die Proteste im Sudan.
Lemmenmeier nimmt in ihrem Post den Trend auf Twitter auf, anlässlich der Ereignisse in Sudan auch Unmut gegenüber anderen afrikanischen Autokraten zu äußern. Unter dem Hashtag #Museveni wird zum Beispiel über den ugandischen Präsidenten Yoweri Museveni getwittert, der bereits seit 1986 im Amt ist.
Während der #Sudan darauf wartet, dass das Militär sich äussert über die Zukunft des Landes, erinnert #Afrika auf Twitter all die anderen #Autokraten, dass ihre Zeit beschränkt ist. Trending: #Museveni #SudanUprising #SudanProtests pic.twitter.com/NaJIbKrXht
— Anna Lemmenmeier (@la_africanna) April 11, 2019