Jeden Freitag kuratieren wir fünf Twitter-Accounts zu einem Thema. In dieser Woche: die marokkanische #MeToo-Kampagne »Masaktach«
Ihre Geschichte war der Ausgangspunkt einer Bewegung in Marokko, die zurzeit die sozialen Medien im Königreich aufwühlt: Am 13. Juni 2018 wurde die 17-jährige Khadija vor dem Haus ihrer Tante in Casablanca überfallen und entführt. Es folgten schreckliche zwei Monate, in denen mehrere junge Männer sie unter Drogen und Alkohol setzten und sie anschließend vergewaltigten, folterten und ihren Körper tätowierten. Ihre Eltern konnten Khadija erst befreien, nachdem sie den Entführern versprochen hatten, nicht gerichtlich gegen sie vorzugehen. Khadija entschied sich im August jedoch, an die Öffentlichkeit zu gehen und brachte damit die #Masaktach-Kampagne ins Rollen. »Masaktach« bedeutet »Ich schweige nicht« im marokkanischen Dialekt des Arabischen.
Wer einen Überblick über die gesamte #Masaktach-Kampagne bekommen möchte, ist hier genau richtig. Hinter dem Account steckt nach eigenen Angaben ein »Kollektiv aus Frauen und Männer, die sich gegen Gewalt und Missbrauch an Frauen einsetzen«. Hier kann nicht nur die Geschichte Khadijas auf Englisch, Französisch oder Arabisch nachgelesen werden. Darüber hinaus werden auch ein Großteil der Tweets mit dem Hashtag #Masaktach retweeted.
During this long nightmare, Khadija was raped tens, even hundreds of times. Defying all, She bravely walked to the police station herself to seek justice. #JusticePourKhadija #Masaktach
— Masaktach (@masaktach) October 11, 2018
Die Juristin hat die #Masaktach-Kampagne im August 2018 mitgegründet. Eine der ersten Aktionen der Bewegung richtete sich gegen den marokkanischen Sänger Saad Lamjarred, der wegen dreifacher Vergewaltigung vor Gericht steht. Mit dem Hashtag #LamjarredOut forderten die Aktivistinnen Mitte September von Radio- und Fernsehsendern, die Lieder des Sängers aus dem Programm zu nehmen. Die Aktion zeigte Wirkung, mehrere Medienvertreter distanzierten sich daraufhin von dem Sänger.
Questions : La radio au #Maroc a-t-elle un rôle societal à jouer ? Passer Saad Lamjarred n’est plus une forme de légitimation ? De banalisation de la violence sans même parler de viol ? #Masaktach #LamjarredOut
— Zineb L. (@ZeeLara8) September 18, 2018
Die marokkanische Journalistin arbeitet für den englischsprachigen Kanal von Al Jazeera mit Sitz in Doha. Trotz der geografischen Entfernung zu Marokko hat auch sie sich der Kampagne verschrieben. Nach dem Fall Khadija sorgten am 21. Oktober 2018 innerhalb von 24 Stunden zwei weitere Vergewaltigungen für einen Aufschrei im Netz. Die Täter hatten die Taten gefilmt und die Videos anschließend in sozialen Medien online gestellt.
2 rape videos in less than 24 hours — In one of the videos you can hear the victim beg her assaulters to stop, they boys joke about how to rape her and tell the girl if she gives them 200 Dirham ($20) they’ll stop. She cries and tells them she doesn’t have it. #Masaktach https://t.co/oTDe8TcDtP
— Boutaïna Azzabi Ezzaouia (@Boutaina) October 21, 2018
Die Aktivistin ist seit Jahren für ihren Einsatz für Menschenrechte und gegen sexuellen Missbrauch an Frauen in Marokko bekannt. Auf ihrem Twitter-Account dokumentiert sie zurzeit insbesondere die Reaktionen auf den zurzeit laufenden Prozess im Fall Khadija. Zwölf Männer wurden bereits festgenommen. Am Mittwoch fand die dritte Gerichtsverhandlung in Beni Mellal in Zentralmarokko statt.
Les familles des accusés protestent à la sortie de la cour en traitant Khadija de menteuse.#justicepourkhadija #masaktach pic.twitter.com/UZdL85n3eS
— Ma-Aria-Mia (@maria__karim) October 24, 2018
Die marokkanische Anwältin gilt ebenfalls als eine der führenden Unterstützerinnen der #Masaktach-Kampagne. Als ein bedeutender Erfolg der marokkanischen Frauenrechtsbewegung, gilt das Gesetz 103-13, das die marokkanische Regierung am 12. September 2018, ein halbes Jahr nach seiner formalen Verabschiedung, in die Realität umsetzte. Es ermöglicht Frauen erstmals, sexuelle Belästigung zur Anzeige zu bringen. Tätern drohen ein bis sechs Monate Haft oder Strafzahlungen bis zu bis zu 10.000 marokkanische Dirham, umgerechnet tausend Euro.
#JusticePourKadija
— Lylou Slass (@Lylou20) August 25, 2018
Elle s'appelle Khadija. Elle a été sequestrée, violée, torturée pendant deux mois par une bande de plus de dix personnes. Elle a été droguée et tatouée sur tout le corps par ses bourreaux. Elle se rappellera ainsi tout les jours du cauchemar qu'elle a subi. pic.twitter.com/11FDmWMFHU