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World Hijab Day

Keine Angst vorm Kopftuch

Feature

Am 1. Februar findet zum dritten Mal der »World Hijab Day« statt. Frauen auf der ganzen Welt sind eingeladen, für eine Tag lang Kopftuch zu tragen – und Vorurteile abzubauen. Gründerin Nazma Khan erzählt, wie es dazu kam.

»Batman! Ninja!« Worte wie diese hörte Nazma Khan jahrelang. Täglich. Als einziges Mädchen an ihrer Schule in der New Yorker Bronx trug die aus Bangladesch stammende Khan ein Kopftuch. Immer wieder wurde sie gefragt, warum sie sich nicht einfach »normal« kleiden könne. Und es blieb nicht nur bei verbalen Attacken: »Eines Tages wartete eine Gruppe von Mädchen vor dem Klassenzimmer auf mich. Sie hielten mich fest und versuchten, mein Kopftuch herunterzureißen«, erinnert sich Khan. »Es war schrecklich. Ich habe mich so hilflos gefühlt.«

 

Als Khan 2001, kurz nach dem 11. September, an die Universität ging, wurde der Ton noch schärfer: »Man nannte mich Osama und Terrorist. Es war ein Alptraum.« Über zehn Jahre und unzählige, weltweit geführte Kopftuch-Debatten später fühlt sich Khan alles andere als hilflos. Aus ihrem persönliche Alptraum und dem vieler anderer Frauen schuf sie ein Projekt, das mittlerweile Anhängerinnen in über 130 Ländern hat: Den »World Hijab Day«. Immer wieder erhielt die in sozialen Netzwerken aktive Khan Nachrichten von Musliminnen aus aller Welt, die aufgrund ihres Kopftuches Anfeindungen und Diskriminierung ausgesetzt waren.

 

Khan überlegte, was helfen könnte: »Ich dachte mir, wenn ich andere Frauen, auch Nicht-Musliminnen, dazu einladen würde, sich einen Tag lang in unsere Situation zu versetzen, könnten sich die Dinge ändern.« Das war 2011. Zwei Jahre später fand der erste »World Hijab Day« statt. In 60 Ländern gingen damals Musliminnen und Nicht-Musliminnen Seite an Seite auf die Straße. Alle trugen Kopftuch. Infomaterial wurde verteilt, Raum für Fragen gegeben. »Unser Poster übersetzten wir damals in 23 Sprachen«, erinnert sich Khan, und erzählt stolz, wie es weiterging: »Im zweiten Jahr waren es schon 119 Länder, unser Material erschien in 40 Sprachen.« Dieses Jahr erwarten Khan und ihre Mitstreiterinnen Teilnehmerinnen in 135 Ländern. Das Motto: »Bevor du urteilst, bedecke dich für einen Tag«.

 

Ein Netzwerk aus über 90 »World Hijab Day«-Botschafterinnen arbeitet daran, dass die Welt am 1. Februar aus einem anderen Blickwinkel auf das viel diskutierte Kopftuch schaut: »In Universitäten, Schulen, Moscheen, Cafés, Bibliotheken stehen unsere Botschafterinnen Rede und Antwort und klären über das Kopftuch auf«, erklärt Khan. Auch sogenannte Friedensmärsche soll es wieder geben. Frauen werden dabei Schilder tragen, auf denen sie formulieren, was das Kopftuch für sie ganz persönlich bedeutet.

 

Am wichtigsten sei der direkte Austausch, das Zusammentreffen von Muslimen und Nicht-Muslimen, meint Khan: »Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mehr denn je gegen Ignoranz angehen müssen. Bewegungen wie die unsere können dazu beitragen, Islamophobie zu  bekämpfen.« Sie hoffe vor allem darauf, dass eine wichtige Erkenntnis alle Beteiligten eine: »Es gibt kein ›die‹ und ›wir‹, wie uns so viele Medien oft glauben machen wollen.« Die Ängste, die Nazma Khan durch ihr Schul- und Studienzeit begleiteten, hat sie abgestreift. Die jedes Jahr auftauchenden negativen Reaktionen schüchtern die resolute Organisatorin nicht ein: »Furcht habe ich nicht. Nur die Hoffnung auf eine besser Zukunft.«

Von: 
Katharina Pfannkuch

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