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Ausstellung zu Humor in Israel und Palästina

»Diese Stadt verträgt eine Portion Humor«

Feature

Künstlerin Larissa Aharoni hat gemeinsam mit israelischen und arabischen Kunststudenten Witze gesammelt – und auf Kissen gestickt. Die Ausstellung »A Jew, a Muslim and a Christian walk into a Gallery…« war nun in Jerusalem zu sehen.

»Was machen ein Arzt, ein Lehrer und…?«. Witze, die so beginnen, hat man schon viele Male gehört und genauso oft wieder vergessen. Witze über Religionen sind dagegen ein sensibles Thema – umso mehr in Jerusalem, in unmittelbarer Nähe zu den den wichtigsten Pilgerstätten von Juden, Christen und Muslimen. Larissa Aharoni hat genau das in Form einer Installation gewagt: »Ziel der Ausstellung ist es, eine andere Sichtweise auf die drei Religionen zu entwerfen und einen Dialog mit Hilfe von Humor und Witzen zwischen den Menschen herauszufordern«, so die Künstlerin.

 

Ihre Ausstellung »A Jew, a Muslim and a Christian walk into a gallery...« war von Februar bis März 2013 im Ausstellungsraum »Yaffo 23« in Jerusalem zu sehen. Als Teil der »Bezalel«-Kunst- und Designhochschule ist »Yaffo 23« zu einem beliebten Treffpunkt der Jerusalemer Kunstszene avanciert. Hier trifft man sich zu öffentlichen Vorträgen, Diskussionen und Projektkonzeptionen. Wie überdimensionale Pillen liegen bunte so genannte Sitzskulpturen scheinbar wahllos in dem rund 300 Quadratmeter großen Ausstellungsraum.

 

Auf jede Sitzskulptur – oder »Pill Pillow«, wie sie die Künstlerin nennt – ist ein Witz gestickt. »Bei einem Spaziergang durch die Jerusalemer Altstadt im Herbst 2012 kam mir die Idee, dass diese Stadt eine Portion Humor vertragen könnte«, erzählt Aharoni. »Auf der einen Seite gibt es Nachbarschaften, in denen Menschen verschiedener Glaubensrichtungen friedlich nebeneinander leben, auf der anderen Seite trifft man auf sehr homogene Stadtviertel mit einer extrem religiösen Bevölkerung, in denen Andersartigkeit kaum akzeptiert wird und Konflikte auf der Tagesordnung stehen.« Durch das Teilen von Witzen und das gemeinsame Lachen mit dem Gegenüber will Larissa Aharoni mit ihrer Ausstellung »Grenzen überwinden, ein erstarrtes Feindkonzept relativieren und dieses im besten Fall sogar aufbrechen«.

 

»In Ordnung, dann nehmen wir zwei!«

 

»Dann fragte Gott das jüdische Volk, ob es die Torah haben wolle. Die Juden fragten: »Wie viel kostet die denn?« Als Gott ihnen sagte, dass die Torah nichts kosten würde, antworteten sie: »In Ordnung, dann nehmen wir zwei!« Witze wie dieser reflektieren auf erfrischende Weise die Beziehung zwischen Gläubigen und Religion und können dabei auch zu einer überraschenden Selbstreflektion führen. Religiöse Witze sind aber auch immer kontrovers, nicht jeder wird darüber lachen können, manche sie für geschmacklos halten.

 

Doch Larissa Aharoni will weder beleidigen noch diskriminieren. »Mir war immer wieder wichtig, klarzustellen, dass es nicht um die Diffamierung der einzelnen Religionen geht.« Larissa Aharoni hat 2005 ihren Akademiebrief mit Meisterschüler-Titel an der Kunst-Akademie in Düsseldorf gemacht und dort den unabhängigen Kunstraum »Uberbau« mitgegründet. Zwischen 2008 und 2010 nahm sie als Gastkünstlerin am Master-Programm der Belazal-Akademie in Tel Aviv teil, aus dem ihre Ausstellung »A Jew, a Muslim and a Christian walk into a Gallery…« hervorgegangen ist.

 

In einer Kombination aus Workshop, Interaktion und Installation haben Kunststudenten in Jerusalem gemeinsam mit Studenten der Arab American University in Jenin im Dezember 2012 Witze gesammelt – in den Straßen Jerusalems, in Internetforen und auf Webseiten. Die besten wurden ausgewählt und auf die Sitzskulpturen gestickt. »Ich habe eigentlich nur sehr positives Feedback erhalten, aber es gab einige Diskussionen mit den palästinensischen Studenten.« Dabei ging es vor allem darum, ob ein solches Projekt tatsächlich etwas an ihrer aktuellen Lebenslage in der Westbank ändern würde. »Grundsätzlich fanden sie aber das Projekt super und waren auch gegenüber den Witzen sehr aufgeschlossen«, so Aharoni.

Von: 
Johanna Willimsky

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